Aktuell ist das Thema genderneutrale Sprache mal wieder auf allen Onlinemedien präsent. Fast täglich erscheint ein neues Plädoyer für oder gegen genderneutrale Sprache. Das Thema gärt ja schon etwas länger im Untergrund. Im Frühjahr gab es bereits eine kleine Empörungswelle über das Ansinnen nach einer Sprache, die weniger bis gar nicht diskriminierend sei. Ich persönlich hatte ja gehofft, dass danach Ruhe ist und über die kindischen Mätzchen der Befürworter und Gegner sich der Mantel des Schweigens legt. Aus für mich nicht ganz nachvollziehbaren Gründen wird nun dieses typische Sommerloch-Thema wieder hervorgekramt und nochmal richtig breitgetreten und ausgewalzt bis auch die oder der Letzte seinen Senf dazu abgegeben hat. Ich bin mir natürlich darüber bewusst, dass ich mich mit diesem Beitrag nun selbst in die Reihe derer einreihe, die ihren Senf dazu abgeben müssen. Aber es wird Zeit festzustellen: Kinders, langsam nervt es! Auch wenn der folgende Text überwiegend gute Gründe anführt gegen genderneutrale Sprache zu sein, geht es mir nicht darum für oder gegen genderneutrale Sprache Position zu beziehen, sondern warum man die Entscheidung für oder gegen genderneutrale Sprache als solche ablehnen sollte. Als Vorschlag steht sie nun im Raum und fordert Zustimmung oder Ablehnung. Da sich beides auf genderneutrale Sprache bezieht, kommt man wohl oder übel um eine Auseinandersetzung mit ihr nicht herum.
Diskriminieren im Namen der Antidiskriminierung
Worum geht es eigentlich? Die
Empörung über die genderneutrale Sprache entzündete sich damals wie heute an
einer Frau, die aussieht wie ein Mann, aber darauf besteht keinem der beiden Geschlechter
anzugehören, weil ja Geschlecht nach ihrer Ansicht eh nur sozial konstruiert ist. Die Dame heißt Lann Hornscheidt und hat
eine Art Leitfaden
für genderneutrale Sprache vorgelegt, welcher dazu dienen soll die deutsche
Sprache so zu verändern, dass sie bestimmte, nach Ansicht von vielen Gendertheoretikern diskriminierte, Personengruppen nicht mehr diskriminiert, sondern im öffentlichen
Diskurs sichtbar macht. Gegen Diskriminierung zu sein, ist natürlich immer gut
und bringt Beliebtheitspunkte im engagierten und allzeit empörungsbereiten
Gutmenschen-Milieu. Wenn dann tatsächlich mal konkrete Maßnahmen vorgeschlagen
werden, was ja doch eher eine Seltenheit ist, weil man sich am Besten in der
Pose moralisierender Besserwisserei gefällt, ist die Euphorie natürlich groß.
Endlich liegt mit dem Leitfaden für genderneutrale Sprache ein konkreter
Vorschlag auf dem Tisch und man hat eine Diskussionsgrundlage. Wer die
Vorschläge für die genderneutrale Sprache kennt, dem war natürlich klar, dass
diese Vorschläge nicht kritiklos bleiben werden. Doch während es von Seiten der
Kritiker durchaus, aber nicht nur, berechtigte Kritik an der Sache gab, wird
diese Kritik mit Verweis auf die gute Absicht abgewehrt. Ein ziemlich altes und
ermüdendes Spiel, das die öffentlichen Diskussionen sowohl in der alten
Bundesrepublik als auch im wiedervereinigten Deutschland nachhaltig geprägt
hat. Dieses Spiel hat jedoch etwas Hinterhältiges. Die gute Absicht wird als
Totschlagargument benutzt, um jede Kritik von vorn herein abzublocken. Wer
diese Vorschläge gegen Diskriminierung kritisiert, kann ja nur gegen
Diskriminierung sein und verdient es daher selbst diskriminiert zu werden. Das
Repertoire an ideologischen Phrasen ist inzwischen schon beachtlich
angewachsen, um die vermeintlichen Feinde öffentlich sichtbar zu machen.
Allerdings bräuchte man zum Verstehen dieser Phraseologie des Öfteren schon mal
ein Wörterbuch, um überhaupt zu kapieren, wovon die Rede ist. Dummerweise - oder sollte man sagen glücklicherweise? - kommen diese leeren feministischen Worthülsen
in Wörterbüchern gar nicht vor. An diesem Umstand wird vor allem die soziale
Abspaltungstendenz dieses soziokulturellen Milieus deutlich und das Ausmaß der
damit verbundene Abweichungsverstärkung. Es hat sich schon eine Art
Parallelwelt mit eigener Sprache gebildet.
Doch gerade an den Reaktionen auf
die Kritik zeigt sich, ob die Befürworter einer genderneutralen Sprache selbst
in Übereinstimmung mit den beanspruchten moralischen Idealen handeln oder
nicht. Bekanntermaßen sind Reden und Handeln nicht immer dasselbe. Jeder Mensch
wird an seinen Handlungen gemessen. Reden ist eine besondere Form des Handelns,
die jedoch nicht immer im Einklang mit den restlichen Handlungen einer Person
oder einer Gruppe steht. Und deswegen werden die Handlungen jeder Person, egal ob
männlich, weiblich oder keins von beidem, an dem im Reden geäußerten Anspruch
gemessen. Und so fällt an den moralisch argumentierenden Fraktionen auf, dass
sie an den Ansprüchen, die sie an das Handeln von anderen anlegen, nicht
unbedingt selbst gemessen werden möchten. Ob es daran liegt, dass man sich der eklatanten Diskrepanz zwischen Reden und Handeln bewusst ist, sei mal dahin
gestellt. Nichts desto trotz kann man sich als unbeteiligter Beobachter des
Eindrucks nicht erwehren, dass die bornierte Arroganz, mit der auf die Kritik
von Seiten der Vorschlagsgegner reagiert wird, von den eigenen Diskrepanzen im
Reden und Handeln ablenken soll. Fairer Weise muss man aber zugestehen, dass auf beiden Seiten
versierte Konfliktaufwerter
am Werk sind, die genau wissen, welche Knöpfe in Form triggernder Begriffe gedrückt werden müssen, um ihre Gegner so
richtig auf die Palme zu bringen. Was bei diesem verbalen und öffentlichkeitswirksamen Säbelrasseln jedoch
völlig unbeachtet bleibt, sind die berechtigten Einwände gegen eine
genderneutrale Sprache, die nämlich zeigen würden, dass eine riesige Diskrepanz
zwischen Anspruch und Wirklichkeit besteht. Denn ob durch genderneutrale
Sprache weniger diskriminiert wird, daran bestehen erhebliche Zweifel. Was sich
schon allein an der extensiven Konstruktion von diskriminierenden Feindbildern
zeigt, die die Gegner von Diskriminierung statt Argumenten bemühen müssen. Sie
diskriminieren selbst ausgiebig, um für ihre Sache – es geht gegen
Diskriminierung wohl gemerkt! – zu kämpfen.
Sprache und Diskriminierung
Würde man es sich einfach machen,
könnte man bereits an dieser Stelle die weitere Beschäftigung mit
genderneutraler Sprache abbrechen. Denn der performative Widerspruch, der die
tiefe Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit anzeigt, macht den Anspruch, gegen
Diskriminierung kämpfen zu wollen, äußerst unglaubwürdig. Dieser Eindruck wird
noch verstärkt, wenn man sich die Vorschläge für eine genderneutrale Sprache
etwas genauer anschaut. Darin zeigt sich nämlich ein sehr naives Verständnis
von der sozialen Funktion der Sprache. Nach wie vor gehen die Befürworter der
genderneutralen Sprache davon aus, dass Sprache die Realität abbilden müsse. Daraus ergibt sich die
erklärte Forderung auch unbeachtete Aspekte der Realität zu beachten, so
z. B. unterdrückte oder benachteiligte Personengruppen sprachlich zu würdigen.
Die Nichtbeachtung bestimmter Personengruppen in öffentlichen Diskursen, so die
Annahme der Befürworter, reproduziere bestimmte Machtverhältnisse. Sprache
trägt auf diese Weise zur Reproduktion dieser Machtverhältnisse und zur
Benachteiligung dieser Personengruppen bei. Würden nun diese unbeachteten Ausschnitte der Realität sprachlich sichtbar gemacht werden, könnten schon allein dadurch die bestehenden
Machtverhältnisse geändert werden. Die Befürworter einer genderneutralen
Sprache hängen hier noch einem in Fachkreisen sehr veralteten Verständnis von
Sprache an, wonach Sprache die gesamte Welt repräsentieren
müsse. Sie müssen der Sprache letztlich diese Funktion zuweisen, denn was sich
in den konkreten Vorschlägen für eine genderneutrale Sprache ausdrückt, ist das
geradezu zwanghafte Bemühen niemanden bei
der Wortwahl zu vergessen. Mit anderen Worten, mit der Prätention der
Anerkennung aller Personen soll sprachliche Vollständigkeit
erreicht werden. Wenn jedoch die volle Komplexität der Welt in jeder Situation
beachtet werden soll, dann würde das die Leistungsfähigkeit der Sprache
überfordern und damit auch die Menschen, die diese Sprache benutzen sollen. Hier
liegt also schon einiges in der zugrunde liegenden Sprachtheorie im Argen.
Die soziale Funktion der Sprache besteht nicht darin die Realität
gleichsam eins zu eins abzubilden, sondern darin dass Menschen ihr Erleben und Handeln in Bezug auf ein gemeinsames Zentrum
der Aufmerksamkeit koordinieren können. Das entscheidende Kriterium für die
Verwendung von Sprache besteht dann in der Relevanz.
Was für die jeweilige Situation, das jeweilige Thema oder das jeweils zu
lösende Problem nicht relevant ist, bleibt unbeachtet. Das drückt sich
logischerweise auch in der Sprache aus. Warum sollte man eine Situation auch
mit Informationen überfrachten, die keine Rolle spielen? Sie sind überflüssig und kosten wertvolle Zeit. Sprache fokussiert und
lenkt die Aufmerksamkeit der Kommunikationspartner auf die Aspekte, die es den
Kommunikationspartnern ermöglicht ihr Erleben und Handeln wechselseitig sinnhaft
aneinander auszurichten. Dazu ist es nicht notwendig, irrelevante Aspekte zu
berücksichtigen. Systemtheoretisch könnte man die soziale Funktion der Sprache
auch als Komplexitätsreduktion
beschreiben. Es gibt immer mehr Möglichkeiten zu erleben und zu handeln, als in
einer Situation realisiert werden können. Es ist also eine Bewertung notwendig, was relevant ist und was nicht, um sich dann
nur auf die relevanten Aspekte zu konzentrieren. Das meint Komplexitätsreduktion.
Alles andere würde das Erleben überfordern und das Handeln unmöglich machen.
Ohne eine Bewertung der Relevanz von Informationen kommt es zur Dissoziation
der Aufmerksamkeit, weil kein Kriterium zur Verfügung steht, was einen relevanten
Unterschied macht und was nicht. Man wüsste also überhaupt nicht, worauf man
die Aufmerksamkeit richten sollte. Dass es bereits bei der Bewertung der
Relevanz zu Konflikten kommen kann, zeigt die Initiative für
eine genderneutrale Sprache. Konflikte zwischen Kommunikationspartnern sind
zunächst auch völlig normal und erwartbar. Die Konflikte können durch das
gemeinsame Handeln in Bezug auf das gemeinsame Zentrum der Aufmerksamkeit
verringert, aber auch verstärkt werden. Bedenklich wird es besonders dann, wenn
diese Konflikte, wie beim Streit um die genderneutrale Sprache, bewusst zur Eskalation getrieben werden, weil man nur noch auf
dem eigenen Erleben besteht und sich für das Erleben der anderen nicht mehr
interessiert.
Was die Befürworter der
genderneutralen Sprache übersehen, ist, dass wenn die Sprache ihre soziale Funktion erfüllen soll, dann muss sie
diskriminieren. Das tut sie jedoch nicht in irgendeinem politischen Sinne, sondern
zunächst völlig wertfrei, weil sie nur so ihre soziale Funktion erfüllen kann.
Um die Aufmerksamkeit auf etwas richten zu können, muss anderes
unberücksichtigt bleiben. Nicht-Beachtung von anderem ist also die Bedingung, unter der es überhaupt möglich wird etwas Bestimmtem seine Aufmerksamkeit schenken zu können. Nur durch den Aufwand von Zeit können solche Beachtungsdefizite wieder ausgeglichen werden. Mit anderen Worten, man kann nicht allem gleichzeitig seine Aufmerksamkeit schenken, sondern nur nacheinander. Diesen Sachverhalt sollte man zur Kenntnis nehmen,
bevor man sich an die Umgestaltung der Sprache macht. Denn der Faktor Zeit spielt bei der Lösung durch genderneutrale Sprache keine Rolle. Gerade der Konflikt um eine diskriminierungsfreie Sprache und die sehr
politisierte Kommunikationsweise, die die Befürworter einer genderneutralen
Sprache an den Tag legen, zeigt sehr deutlich, dass sie sich mit der sozialen
Funktion der Sprache noch nicht wirklich auseinander gesetzt haben. Deswegen können sie dem diskriminierenden Charakter der Sprache nicht
entkommen. Vielmehr führen sie ihn in aller Öffentlichkeit vor – und das
nicht nur in der wertfreien, sondern in der politischen Form. Die Paradoxie, dass Beachtung nur durch Nicht-Beachtung möglich ist, wird nicht in ein Zeitproblem, sondern in ein Konkurrenzverhältnis aufgelöst. Auf diese Weise können dann die Aufmerksamkeitsbedürfnisse der Menschen gegeneinander ausgespielt werden. Und dadurch wird die Kommunikation über Diskriminierung so stark politisch aufgeladen. In dieser Form wird es aber so gut wie unmöglich das Kommunikationsangebot der Befürworter der genderneutralen Sprache anzunehmen. Es kommuniziert in dieser Form immer die Ablehnung der Adressaten mit. Wer würde auf solch eine Mitteilung ernsthaft eingehen, selbst wenn sie auf ein berechtigtes Anliegen aufmerksam macht?
Es muss festgehalten werden, dass das Ziel, niemanden bei der Wortwahl zu vergessen, praktisch nicht erreichbar ist. Das heißt nicht, dass man es situationsabhängig nicht versuchen soll. Man sollte sich allerdings nicht der Illusion hingeben, die angestrebte sprachliche Vollständigkeit jemals erreichen zu können – zumindest nicht in der Allgemeingültigkeit, wie sie durch die Gendertheoretiker angestrebt wird. Die Lösung liegt in der Zeit und nicht in nichtssagenden Allgemeinplätzen. Sich nur auf dieses unrealistische Ziel zu konzentrieren, um nicht zu sagen zu fixieren, bedeutet das Aufmerksamkeitsfeld einzuschränken und die ganze Welt nur noch in diesem Kontext zu beobachten. Das Erleben wird, da nur ein Kontext beobachtungsleitend ist, gleichsam eindimensional. Und im Bemühen dem Erleben und den Aufmerksamkeitsbedürfnissen der scheinbar Unbeachteten gerecht zu werden, entfernt sich eine genderneutrale Sprache immer weiter davon. Durch allerlei Zeicheneinschübe und der willkürlichen Ersetzung von Endungen durch andere Buchstaben soll ein reflektierter Sprachgebrauch kultiviert werden. Was jedoch tatsächlich geschieht, ist die Inkorporation einer lähmenden Selbstbefangenheit, die gerade durch die Frage, wen man durch die eigene Wortwahl vergessen haben könnte, einen pragmatischen Sprachgebrauch blockiert. Was als Reflexion gedacht ist, führt zu einer unendlichen Beschäftigung mit sich selbst bzw. wie man durch Sprache sein Erleben ausdrücken kann ohne jemanden zu benachteiligen. Durch diese im Prinzip endlose Reflexion des Sprachgebrauchs wird zugleich ein tiefes Misstrauen in die Sprache geschürt. Die Botschaft lautet: „Sprache erzeugt eine falsche Realität. Man kann der Sprache nicht trauen.“ Da aber die Menschen durch Sprache ihr Erleben ausdrücken, kann man in der Konsequenz auch dem mitgeteilten Erleben anderer Menschen nicht trauen. Entsprechend sinkt auch der Wille anderen Menschen überhaupt noch zuzuhören. Stattdessen vertraut man nur noch auf das eigene Misstrauen. Was dabei auf der Strecke bleibt, ist die Fähigkeit sich sinnhaft und emotional in andere Menschen hineinzuversetzen. So erklären sich die performativen Widersprüche der Anhänger einer genderneutralen Sprache. Sie können sich überhaupt nicht mehr vorstellen, welchen Eindruck ihr Verhalten auf andere macht.
Es muss festgehalten werden, dass das Ziel, niemanden bei der Wortwahl zu vergessen, praktisch nicht erreichbar ist. Das heißt nicht, dass man es situationsabhängig nicht versuchen soll. Man sollte sich allerdings nicht der Illusion hingeben, die angestrebte sprachliche Vollständigkeit jemals erreichen zu können – zumindest nicht in der Allgemeingültigkeit, wie sie durch die Gendertheoretiker angestrebt wird. Die Lösung liegt in der Zeit und nicht in nichtssagenden Allgemeinplätzen. Sich nur auf dieses unrealistische Ziel zu konzentrieren, um nicht zu sagen zu fixieren, bedeutet das Aufmerksamkeitsfeld einzuschränken und die ganze Welt nur noch in diesem Kontext zu beobachten. Das Erleben wird, da nur ein Kontext beobachtungsleitend ist, gleichsam eindimensional. Und im Bemühen dem Erleben und den Aufmerksamkeitsbedürfnissen der scheinbar Unbeachteten gerecht zu werden, entfernt sich eine genderneutrale Sprache immer weiter davon. Durch allerlei Zeicheneinschübe und der willkürlichen Ersetzung von Endungen durch andere Buchstaben soll ein reflektierter Sprachgebrauch kultiviert werden. Was jedoch tatsächlich geschieht, ist die Inkorporation einer lähmenden Selbstbefangenheit, die gerade durch die Frage, wen man durch die eigene Wortwahl vergessen haben könnte, einen pragmatischen Sprachgebrauch blockiert. Was als Reflexion gedacht ist, führt zu einer unendlichen Beschäftigung mit sich selbst bzw. wie man durch Sprache sein Erleben ausdrücken kann ohne jemanden zu benachteiligen. Durch diese im Prinzip endlose Reflexion des Sprachgebrauchs wird zugleich ein tiefes Misstrauen in die Sprache geschürt. Die Botschaft lautet: „Sprache erzeugt eine falsche Realität. Man kann der Sprache nicht trauen.“ Da aber die Menschen durch Sprache ihr Erleben ausdrücken, kann man in der Konsequenz auch dem mitgeteilten Erleben anderer Menschen nicht trauen. Entsprechend sinkt auch der Wille anderen Menschen überhaupt noch zuzuhören. Stattdessen vertraut man nur noch auf das eigene Misstrauen. Was dabei auf der Strecke bleibt, ist die Fähigkeit sich sinnhaft und emotional in andere Menschen hineinzuversetzen. So erklären sich die performativen Widersprüche der Anhänger einer genderneutralen Sprache. Sie können sich überhaupt nicht mehr vorstellen, welchen Eindruck ihr Verhalten auf andere macht.
Wenn die komplexitätsreduzierende
Funktion der Sprache und damit auch ihr diskriminierender Charakter nicht
beachtet wird, dann zeigt sich dieser diskriminierende Charakter umso stärker
im eigenen Verhalten – und das nicht nur in einem wertfreien Sinne, sondern
umso mehr in einem politischen Sinne. Auf diese Weise wird fast zwangsläufig
das angestrebte Ideal einer diskriminierungsfreien Sprache durch das
diskriminierende Verhalten verfehlt. Es ist wichtig zu betonen, dass hier nicht
die Problemanalyse der Gendertheoretiker kritisiert wird. Die Gefahren, auf die
mit einer genderneutralen Sprache aufmerksam gemacht werden sollen, sehe ich
durchaus. Dazu muss man allerdings nicht davon ausgehen, dass der primäre Zweck
der Sprache ein politischer sei – auch wenn es möglich ist sie politisch zu
missbrauchen. Von der politischen Funktion der Sprache auszugehen, würde
bedeuten die Ausnahme zur allgemeinen
Regel zu machen. Das hieße den ersten Schritt hin zu einer verzerrten
Wahrnehmung zu vollziehen. Und ebenso unangemessen müssen dann auch die
Interventionen ausfallen. Neben dem theoretischen Rahmen sind diese
Interventionen hier der Gegenstand der Kritik. Sie leiten sich aus diesem Theorierahmen ab. Betrachtet man diese Interventionen in dem hier
eröffneten Theorierahmen, zeigt sich, dass sie für das verfolgte Ziel einer
genderneutralen Sprache kontraproduktiv sind.
Wie die Sprache genderneutral gemacht werden soll
Der wohl inzwischen bekannteste
Vorschlag ist der, Endungen, die auf das Geschlecht hinweisen, wie z. B. bei
Professorin oder Professor, durch ein x zu ersetzen. Dadurch soll die
sogenannte ZweiGenderung der Personenansprache aufgebrochen und in Frage
gestellt werden. Im Ergebnis sollen alle Personen mit Professorentitel nur noch
als Professx angesprochen werden. Zugegebenermaßen sollte die Fähigkeit, die
mit dem Professorentitel bescheinigt wird, geschlechtsunabhängig sein. Es gibt
auch keinen Grund anzunehmen, dass diese Fähigkeit bei Frauen und Männern
unterschiedlich ausgeprägt sein sollte. Dann kann man durchaus einwenden, dass
eine Unterscheidung von Professorinnen und Professoren überflüssig ist. Auf der
anderen Seite würde dadurch aber die Gleichheit von Frauen und Männern
besonders betont und hervorgehoben. Von einem feministischen Standpunkt aus,
sollte dieser Sprachgebrauch also gar kein Problem darstellen. Erklärtermaßen geht es
aber bei diesem Vorschlag nicht darum auf die Gleichheit von Frauen und Männern
hinzuweisen, sondern darauf, dass es neben Frauen und Männern noch eine dritte
Geschlechterkategorie geben soll. Es geht ja darum niemanden zu vergessen, denn es
soll sich niemand diskriminiert fühlen. Würde mit dem Vorschlag erreicht,
darauf aufmerksam zu machen, dass auch Personen, die sich der dritten
Geschlechterkategorie zugehörig fühlen, dieselben Fähigkeiten besitzen können,
wie Frauen und Männer, wäre der Vorschlag noch nachvollziehbar. Das erklärte
Ziel ist aber die etablierten Vorstellungen von Geschlecht in Frage zu stellen.
Es geht also gerade nicht darum auf die Gleichheit mit anderen Menschen hinzuweisen,
sondern darauf aufmerksam zu machen, dass es Personen gibt, die sich weder als
Frauen noch als Männer sehen. Darin liegt ein gravierender Unterschied, wie auf einen bestimmten Sachverhalt
aufmerksam gemacht wird. Statt der Gleichheit wird die Differenz betont. Dies
geschieht dadurch, dass sowohl Frauen als auch Männer durch die Ansprache als
Professx negiert werden. Die gemeinsame Fähigkeit, die die
Geschlechterdifferenzen transzendieren sollte, spielt dabei keine Rolle – also
das, was auch in normativer oder moralischer Hinsicht eine Gleichbehandlung
aller Menschen begründen könnte. Es geht nur um die Befriedigung des Anerkennungsbedürfnisses einer kleinen Gruppe von
Personen, die sich weder als Frau noch als Mann fühlen, und nicht um eine
diskriminierungsfreie Sprache. Beachtenswert ist die Raffinesse, wie eine
Diskriminierung als Maßnahme gegen Diskriminierung verkauft werden soll. Auch
wenn dieser Vorschlag gelegentlich als Bereicherung der Sprache angepriesen
wird, für die soziale Funktion der Sprache ist dieser Vorschlag keine Bereicherung
oder Erweiterung, sondern eine Reduktion.
Ein weiterer Vorschlag, um die
Sprache genderneutral zu machen, besteht darin, Geschlechterendungen durch Sternchen
zu ersetzen oder durch Unterstriche zu betonen. Beides soll natürlich der
Reflexion des Sprachgebrauchs dienen. Eine besondere Herausforderung, weil
besonders verwirrend, ist die Anwendung des sogenannten dynamischen
Unterstrichs, der auch wieder auf die gesellschaftliche Normierung auf
Zweigeschlechtlichkeit aufmerksam machen und sie gleichzeitig in Frage stellen
soll. Auch hier soll im Sprachgebrauch durch die Negation von Frauen und
Männern eine dritte Möglichkeit aufscheinen. Diesmal wird aber nichts ersetzt,
sondern man vergreift sich am Schriftbild. In jedes Wort, von dem man glaubt,
es bestätigt die bestehende heteronormative Ordnung, wird ein Unterstrich
eingeschoben, um sie zu negieren. An welcher Stelle im Wort ist eigentlich
egal. So gewinnt man den Eindruck, die Maßnahme besteht darin Texte durch
Zeicheneinschübe unleserlich zu machen. Die Ironie daran ist, dass auf diese
Weise nochmals besonders auf die ZweiGenderung aufmerksam gemacht wird. Am
Inhalt der sprachlichen Mitteilung ändert der Unterstrich jedoch zunächst
nichts. Er ist redundant, bei einer gleichzeitigen Erweiterung des Schriftbildes. Damit ist er nichts weiter als ein
Rauschen oder ein Störgeräusch, der bei gleichem Inhalt den Informationsgehalt
ansteigen lässt.
Alle Vorschläge für eine genderneutrale Sprache gehen nach den beiden soeben vorgestellten Mustern vor: entweder eine negierende bzw. aufhebende Reduktion oder eine redundante Erweiterung der Sprache. Die soziale Funktion, die der Sprache damit aufoktroyiert wird, ist jedoch immer dieselbe: mit aller Macht auf die Möglichkeit einer dritten Geschlechterkategorie hinzuweisen. Was allerdings nur über die Negation der anderen beiden Geschlechterkategorien gelingt. Nimmt man alle Vorschläge für eine genderneutrale Sprache zusammen und schaut sich das Ergebnis an, so erscheint das entstandene Schriftbild für Personen, die an einen konventionellen Sprachgebrauch gewöhnt sind, fast schon unleserlich. Nicht nur, dass es sehr verwunderlich ist, dass ausgerecht Personen, die an Sprache interessiert sind, offenbar jegliches Stilgefühl vermissen lassen. Darüber hinaus erinnert die genderneutrale Sprache auch irgendwie an eine Programmiersprache. Dieser Eindruck wird durch die Anwendungsempfehlungen im Leitfaden noch verstärkt. Obwohl nur die Sprache verändert werden soll, geht es ja eigentlich darum das Denken der Menschen zu verändern. Liest man sich den Leitfaden durch, bekommt man den Eindruck die Menschen sollen umprogrammiert werden wie Maschinen. Durch den Leitfaden für genderneutrale Sprache bekommt man daher einen guten Eindruck, wie Gendertheoretiker andere Menschen wahrnehmen. Wie diese Sprache ausgesprochen werden soll, kann man sich bei einem derartig zerrütteten Schriftbild aber kaum noch vorstellen. Wenn man genderneutrale Sprache noch nie gehört hat, kann man den Eindruck bekommen, es geht gar nicht darum ein anderes Sprechen zu ermöglichen, sondern darum mit dieser Sprache anderen Personen das Sprechen unmöglich zu machen. Man bekommt das Gefühl, die Botschaft besteht lediglich in der Mitteilung „Halt die Fresse!“. Der Geräuschpegel, der durch alle diese aufhebenden Reduktionen und redundanten Erweiterungen erzeugt wird, ist so groß, dass diese genderneutrale Sprache kaum noch ihre soziale Funktion erfüllen kann. Durch das erzeugte Rauschen kann sie nur noch auf den Sachverhalt hinweisen, dass es Personen gibt, die glauben, dass es ein drittes Geschlecht geben kann. Egal worüber gesprochen wird, an diesen Sachverhalt wird man mit fast jeder Äußerung erinnert. Um jedoch diese extrem reduzierte soziale Funktion erfüllen zu können, muss die Sprache in dieser Art verstümmelt werden. Zumindest scheinen die Vorschläge für eine genderneutrale Sprache auf eine radikale Verstümmelung der Sprache hinauszulaufen. Die Sprache wird unaussprechlich. Psychologen würden in diesem Fall auch von Sprachzerstörung sprechen (vgl. Lorenzer 2010 [1970]). Denn das ist es, was rein phänomenologisch geschieht. Die Sprache wird zerstört, damit sie lediglich diesem einen Zweck dienen kann.
Alle Vorschläge für eine genderneutrale Sprache gehen nach den beiden soeben vorgestellten Mustern vor: entweder eine negierende bzw. aufhebende Reduktion oder eine redundante Erweiterung der Sprache. Die soziale Funktion, die der Sprache damit aufoktroyiert wird, ist jedoch immer dieselbe: mit aller Macht auf die Möglichkeit einer dritten Geschlechterkategorie hinzuweisen. Was allerdings nur über die Negation der anderen beiden Geschlechterkategorien gelingt. Nimmt man alle Vorschläge für eine genderneutrale Sprache zusammen und schaut sich das Ergebnis an, so erscheint das entstandene Schriftbild für Personen, die an einen konventionellen Sprachgebrauch gewöhnt sind, fast schon unleserlich. Nicht nur, dass es sehr verwunderlich ist, dass ausgerecht Personen, die an Sprache interessiert sind, offenbar jegliches Stilgefühl vermissen lassen. Darüber hinaus erinnert die genderneutrale Sprache auch irgendwie an eine Programmiersprache. Dieser Eindruck wird durch die Anwendungsempfehlungen im Leitfaden noch verstärkt. Obwohl nur die Sprache verändert werden soll, geht es ja eigentlich darum das Denken der Menschen zu verändern. Liest man sich den Leitfaden durch, bekommt man den Eindruck die Menschen sollen umprogrammiert werden wie Maschinen. Durch den Leitfaden für genderneutrale Sprache bekommt man daher einen guten Eindruck, wie Gendertheoretiker andere Menschen wahrnehmen. Wie diese Sprache ausgesprochen werden soll, kann man sich bei einem derartig zerrütteten Schriftbild aber kaum noch vorstellen. Wenn man genderneutrale Sprache noch nie gehört hat, kann man den Eindruck bekommen, es geht gar nicht darum ein anderes Sprechen zu ermöglichen, sondern darum mit dieser Sprache anderen Personen das Sprechen unmöglich zu machen. Man bekommt das Gefühl, die Botschaft besteht lediglich in der Mitteilung „Halt die Fresse!“. Der Geräuschpegel, der durch alle diese aufhebenden Reduktionen und redundanten Erweiterungen erzeugt wird, ist so groß, dass diese genderneutrale Sprache kaum noch ihre soziale Funktion erfüllen kann. Durch das erzeugte Rauschen kann sie nur noch auf den Sachverhalt hinweisen, dass es Personen gibt, die glauben, dass es ein drittes Geschlecht geben kann. Egal worüber gesprochen wird, an diesen Sachverhalt wird man mit fast jeder Äußerung erinnert. Um jedoch diese extrem reduzierte soziale Funktion erfüllen zu können, muss die Sprache in dieser Art verstümmelt werden. Zumindest scheinen die Vorschläge für eine genderneutrale Sprache auf eine radikale Verstümmelung der Sprache hinauszulaufen. Die Sprache wird unaussprechlich. Psychologen würden in diesem Fall auch von Sprachzerstörung sprechen (vgl. Lorenzer 2010 [1970]). Denn das ist es, was rein phänomenologisch geschieht. Die Sprache wird zerstört, damit sie lediglich diesem einen Zweck dienen kann.
Sprachzerstörung und Verdrängung
Sprachzerstörung ist ein Hinweis auf psychische Verdrängungsprozesse
(vgl. Lorenzer 2010 [1970]). Der große psychologische und soziologische Vorteil
solcher feministischen Interventionen ist, dass man an ihnen
Verdrängungsprozesse in einer Systematik und theoretischen Strenge studieren
kann, wie man sie in psychologischen Therapien vermutlich selten beobachten
kann. Dies ist möglich, weil die Einteilung nach Geschlechtern auf die ganze
Menschheit angewendet werden kann. Auf diese Weise lässt sich die Menschheit
schon mal in mindesten zwei Gruppen einteilen: Frauen und Männer. Dieser
Umstand macht es Personen, die sich von
beiden Geschlechtern entfremdet haben, möglich Probleme ihrer individuellen Persönlichkeitsentwicklung zu
Gruppenproblemen umzudeuten. Auf diese Weise können die Ursachen ihrer
Probleme der sozialen Umwelt, also der Gesellschaft, angelastet werden, womit
die vermeintliche Diskriminierung für die Betroffenen eine quasi-objektive
Selbstverständlichkeit bekommt, die aber nur das Ergebnis einer
gemeinschaftlichen Konstruktion der Betroffenen selbst ist. Auf diese Weise
lassen sich die sehr komplexen persönlichen Problemlagen sehr leicht
ausblenden. Und ebenso schwierig wird es dann eine der jeweiligen Person
angemessene Lösung zu finden. Stattdessen wird eine Lösung für alle empfohlen –
die genderneutrale Sprache –, von der man mit Sicherheit annehmen kann, dass
sie die sehr persönlichen Probleme nicht lösen wird. Dieses Problem ergibt sich im Übrigen bei jedem kollektivistisch inspirierten Lösungsansatz. Aber was soll mit dieser
Sprachzerstörung verdrängt werden? Es ist die Unterscheidung von Frauen und Männern selbst, die verdrängt werden
soll - und das nicht nur psychisch, sondern durch die gemeinschaftliche Anstrengung sogar sozial. Man könnte leicht den Eindruck bekommen, dass genderneutrale Sprache das
Produkt von Männerhasserinnen ist. Dieser Eindruck wird auch durch die
Selbstbeschreibung als „feministisch“ verstärkt. Wie aber weiter oben gezeigt
wurde, konzentrieren sich die Vorschläge für eine genderneutrale Sprache nicht
nur darauf eine, wie auch immer geartete, männliche Vorherrschaft zu brechen,
sondern vielmehr soll durch die gemeinschaftliche Verdrängung die Möglichkeit
eliminiert werden überhaupt sprachlich zwischen Frauen und Männern
unterscheiden zu können. Darin besteht ja aus Sicht der Gendertheoretiker die
heteronormative Hegemonie, die Welt nur in Männer und Frauen einzuteilen. Dies
zu ändern gelingt nur, indem man die Sprache von der Möglichkeit bereinigt
zwischen Frauen und Männern unterscheiden zu können.
Auch wenn Frau Hornscheidt nicht
müde wird zu betonen, dass die Kategorien „Frau“ und „Mann“ auch heute noch
unverzichtbar sind. Wer sich den von ihr mitverfassten Leitfaden durchliest,
dem wird zuerst die geradezu obsessive Fixierung auf diese Unterscheidung
auffallen, die sich in den Versuchen ausdrückt, die mit der Unterscheidung
erzeugte Differenz unter Kontrolle zu kriegen und sie zu unterdrücken, damit
sich bloß niemand diskriminiert fühlt. Es handelt sich zugleich um einen
Versuch die Gefühlszustände der Menschen, die sich potentiell angesprochen
fühlen könnten, vorweg zu nehmen. Durch
diese Antizipation ihrer Gefühlszustände werden Menschen aber zu Objekten gemacht. Auch wenn es gut
gemeint ist, wird ihnen durch diese vorauseilende Empathie ihre Autonomie abgesprochen.
Vorn herein wird versucht jede Situation, in der sich diese Autonomie z. B. durch Widerspruch zeigen
könnte, zu vermeiden. Außerdem ist diese vorauseilende Empathie nur gespielt, denn eine wirkliche Einfühlung in den
Kommunikationspartner findet überhaupt nicht statt. Vielmehr wird ein
überempfindliches, extrem auf sich selbst fixiertes Opfer als imaginärer
Kommunikationspartner konstruiert. Man könnte auch sagen, ein Klischee wird zum generalisierten Anderen im Sinne George Herbert Meads (vgl. 1973 [1934], S. 196) stilisiert. Die genderneutrale Sprache würde dann eine
bequeme Möglichkeit bieten, sich der Herausforderung zu entledigen, sich in den
Kommunikationspartner hinein zu versetzen. Wenn auch sehr subtil, läuft es also
trotz aller Beteuerungen des Gegenteils auf eine Negation – und damit auch auf
eine Diskriminierung – von Männern und
Frauen hinaus. Das ist der Grund, warum der Vorschlag so heftige Reaktionen
auslöst. Es ist nichts weiter als eine Form zu sagen: „Das was du über mich
denkst, interessiert mich nicht. Entweder du akzeptierst mich so, wie ich mich
sehe, oder gar nicht.“ Und auch wenn Frau Hornscheidt in
Interviews sehr nett und verständig klingt, sollte man sich von der Form
der Mitteilung nicht verwirren lassen. Der Inhalt ihrer Botschaften ist
trotzdem unannehmbar. Die genderneutrale Sprache dient nur dazu Personen, die
glauben keinem Geschlecht anzugehören, zu ermöglichen ihr eigenes illusionäres Selbstbild absolut zu setzen und gegen Widerspruch
zu immunisieren. Auf diese Weise wird radikaler Subjektivität und reiner Willkür Tür und Tor geöffnet. Das ist Identitätspolitik nach
Gutsherrenart. Gendertheoretiker sollten dringend mal die Privilegien
reflektieren, die es ihnen ermöglichen eine solche Identitätspolitik zu
betreiben. Während sie die Privilegien ihrer Gegner mühelos identifizieren
können, werden sie in Bezug auf ihre eigenen Privilegien von einer bemerkenswerten Blindheit befallen, die sich jedoch von denen ihrer Gegner kaum unterscheiden.
Gleichwohl hat diese Eliminierung
der Unterscheidungsmöglichkeit von Frauen und Männern weitreichende
Konsequenzen. Sie negiert auch die
sozialen Beziehungen zwischen Frauen und Männern, denn sie können ohne
diese Unterscheidung nicht mehr bezeichnet werden – zumindest nicht ohne auch
noch auf die dritte Geschlechterkategorie hinzuweisen. Dieses Problem betrifft
in der Konsequenz auch homosexuelle Beziehungen. Ohne die Unterscheidung von
Frauen und Männern können auch keine homosexuellen Beziehungen mehr benannt
werden. Die Art und Weise, wie eine genderneutrale Sprache die psychische
Aufmerksamkeit fokussiert und damit Personen negiert, negiert nicht nur
heterosexuelle Frauen und Männer, sondern auch homosexuelle. In einer
genderneutralen Sprache kommen dadurch zwei Dinge zum Ausdruck, zum einen die Ablehnung der Unterscheidung von Frauen und
Männern und zum anderen der Wunsch
nach einer geschlechtslosen Welt. Wenn man den Begriff „Genderneutralität“
wörtlich versteht, dann bedeutet er im Prinzip auch nichts anderes als
Geschlechtslosigkeit. Nichts könnte verachtender sein, als biologische, soziale
und psychische Realitäten zu ignorieren, in denen Geschlechterunterschiede sehr
wohl noch eine Rolle spielen. Insofern ist die Selbstbeschreibung als
feministisch irreführend, denn faktisch richtet sich feministisches
Sprachhandeln auch gegen feministische Ziele, denn es zerstört ebenso die
Möglichkeit Frauen angemessen zu adressieren. Gleichberechtigung wird auf diese
Weise allenfalls negativ erreicht, indem Frauen und Männer gleichberechtigt abgewertet
und diskriminiert werden.
Gendersprech oder Was würde Wittgenstein dazu sagen?
Vor einiger Zeit wurde mal Wittgenstein mit
dem Satz 5.6 aus dem Tractatus logico-philosophicus bemüht, um die Gegner der
genderneutralen Sprache zu überzeugen: „Die
Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“ (vgl. 2003
[1922], S. 86; kursiv im Original) Wittgenstein macht mit diesem Satz darauf
aufmerksam wie sprachabhängig das Denken
des Einzelnen ist. Wenn man der Meinung ist, genderneutrale Sprache kann
die Grenzen der Sprache überwinden und die Sprache bereichern, dann mag dieses
Zitat sicherlich dafür sprechen. Nach der kurzen Analyse, die hier durchgeführt
wurde, sind jedoch erhebliche Zweifel entstanden, ob die genderneutrale Sprache
tatsächlich die Ausdrucksmöglichkeiten erweitert. Es muss wohl eher vom
Gegenteil ausgegangen werden. Die Sprachzerstörung beschneidet die
Ausdrucksmöglichkeiten. Nur weil man etwas nicht benennen kann, heißt das aber noch lange nicht, dass man es nicht wahrnehmen kann. Ich weiß nicht, ob
Wittgenstein auch diesen Sachverhalt im Auge hatte, als er den Tractatus mit
dem berühmten Satz 7 schloss: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man
schweigen.“ (vgl. 2003 [1922], S. 111) Es hat allerdings den Anschein als machen
sich die Anhänger einer genderneutrale Sprache diesen Satz auf ihre Weise zu
Eigen. Nimmt man den Menschen die Ausdrucksmöglichkeiten um einen benennbaren
Sachverhalt zu benennen, können sie natürlich auch nicht mehr darüber sprechen. Solche Maßnahmen werden in der Regel als Zensur bezeichnet. Wobei mit der genderneutralen Sprache diese Sprechverbote nicht offen politisch durchgesetzt werden, sondern als Erziehungsmaßnahme getarnt. George Orwell hat in seinem Roman „1984“ diesen Sachverhalt am Neusprech zu
illustrieren versucht (vgl. 2006 [1949]). Neusprech ist die Sprache des Großen
Bruders, mit der die Menschen indoktriniert werden sollen, damit sie keine
Kritik mehr an dem Herrschaftssystem üben können, das sich hinter dem Großen Bruder verbirgt. Die
Eliminierung der Möglichkeit die Geschlechterdifferenz zu benennen, stellt einen
vergleichbaren Versuch dar, die Ausdrucksmöglichkeiten zu beschneiden. Dies ist
ein weiterer Aspekt, warum ich den Eindruck habe, dass mit einer
genderneutralen Sprache in Bezug auf ein bestimmtes Thema die Menschen zum Schweigen
gebracht werden sollen.
Selbst wenn man davon ausgeht, es
bestehe tatsächlich eine männliche Vorherrschaft, kann die Sprachzerstörung im
Namen der Genderneutralität dieses Problem nicht lösen. Im Gegenteil, wenn man
nicht mehr zwischen Frauen und Männern unterscheiden kann, dann lassen sich
auch nicht mehr die Ungerechtigkeiten benennen, die mit der
Geschlechtszugehörigkeit zusammenhängen. Weiter oben wurde bereits darauf
aufmerksam gemacht, dass Sprechen nur eine, aber bei weitem nicht die einzige
Form des Handelns ist. Sprechverbote würden es dann sogar erleichtern diese
Ungerechtigkeiten weiter zu reproduzieren. Während munter weiter diskriminiert
wird, besteht nicht mal die Möglichkeit mit Hilfe der Sprache auf diese
Ungerechtigkeiten hinzuweisen. Wenn man die gemeinsam geteilte Welt nicht mal
beschreiben kann, dann kann man sie erst recht nicht verändern. Vielmehr hat
man sich mit seiner Sprache schön in seiner eigenen kleinen geschlechtslosen
Welt eingemauert und kann nur noch passiv, hilflos und entsetzt zuschauen, wie
die Ungerechtigkeiten immer größere Ausmaße annehmen.
Darüber hinaus hatte Wittgenstein
von den Grenzen seiner Sprache
geschrieben. Selbst wenn man den Satz 5.6 verallgemeinert, bezieht er sich auf
den Wortschatz einer einzelnen Person und nicht den einer ganzen Gesellschaft.
Wer also Wittgenstein bemüht, um für eine genderneutrale Sprache zu werben,
gibt damit vor allem über seinen eigenen begrenzten Wortschatz Auskunft. Über
den sozial verfügbaren Wortschatz ist damit nichts gesagt. Im Prinzip wird auf
diese Weise auf ein entwicklungspsychologisches Problem aufmerksam gemacht und
nicht auf ein soziales. Man könnte es allenfalls noch als eine nachträgliche Kritik an der Erziehung verstehen, die die Anhänger der genderneutralen Sprache genossen haben. Was von Gendertheoretikern auch gerne verschwiegen wird,
ist die Tatsache, dass es bereits seit Jahrtausenden sprachliche Formen gibt,
auf diese anderen Geschlechterformen hinzuweisen, die angeblich nicht beachtet
werden. Hermaphroditen sind ja keine Erfindungen der Moderne, sondern spätestens
seit der Antike bekannt und benannt. Wittgenstein kann also nur als schlechter
Gewährsmann für die Legitimation einer genderneutralen Sprache herhalten. Der
Satz 7 weist vielmehr darauf hin, wo die Schwachstellen der Gender Studies
liegen. Eigentlich beruht die Idee der genderneutralen Sprache auf einem simplen
Kategorienfehler: psychologische Probleme werden mit sozialen Problemen verwechselt. Ein begrenzter Wortschatz ist eben kein soziales Problem.
Gleichwohl gibt es soziale Bedingungen, die zu einer Begrenzung führen können.
Wie das gelingen kann, kann man ironischerweise, wie sich gezeigt hat, an der
genderneutralen Sprache sehr gut studieren. Unerfüllte Aufmerksamkeitsbedürfnisse und der daraus folgende freiwillige Konformismus, um überhaupt beachtet zu werden, spielen dabei eine sehr große Rolle.
Erinnern durch Verdrängen
Den einzigen, denen mit einer
genderneutralen Sprache möglicherweise geholfen wäre, sind diejenigen Personen,
die sich tatsächlich keinem der beiden Geschlechter zugehörig fühlen. Aber auch
in diesem Punkt bestehen ersthafte Zweifel. Denn die Möglichkeit zu der
Erkenntnis, dass man sich keinem der beiden Geschlechter zugehörig fühlt, wird
einem erst durch den Gegensatz von Frau und Mann gegeben. Ohne diese Unterscheidung
wäre es nicht möglich überhaupt auf eine solche Idee zu kommen. Auch wenn die
Unterscheidung verdrängt werden soll, bestimmen auch die vermeintlich
Geschlechtslosen ihre soziale Identität in Bezug auf diese Unterscheidung, wenn
auch nur dadurch, dass sie sie negieren. Trotzdem wird die Unterscheidung nicht gewechselt. Selbst
wenn die Unterscheidung von Frau und Mann negiert wird, bleibt die
Aufmerksamkeit trotzdem auf sie gerichtet. Worauf sollte man sie sonst richten? An diesem Sachverhalt zeigt sich eine Aporie der genderneutralen Sprache.
Das Bemühen um eine genderneutrale Sprache läuft nämlich auf eine unlösbare
Paradoxie hinaus, die der Paradoxie des Vergessens sehr ähnlich ist. Man kann
nicht bewusst etwas vergessen, weil man sich genau dann wieder an das erinnert,
was vergessen werden soll. Bei der genderneutralen Sprache ist es dasselbe
Problem. Sie ist dazu entworfen worden, um etwas zu verdrängen, nämlich die
Unterscheidung von Mann und Frau. Das ist ihr Zweck. Wenn man die
genderneutrale Sprache benutzt, wird man aber jedes Mal auch an ihren Zweck
erinnert und damit auch an die Unterscheidung, die es zu verdrängen gilt. Das
macht das Verdrängen unmöglich.
Eine Flucht vor der Unterscheidung ist unmöglich
Eine eben solche Aporie stellt die
Vorstellung dar, sich in eine dritte Möglichkeit flüchten zu können. Gemeinhin
wird von den Gendertheoretikern angenommen, dass es sich bei der Unterscheidung
von Frau und Mann um ein binäres Schema
handelt. Man kann die Unterscheidung natürlich so benutzen. Dadurch versperrt
man sich aber die Einsicht, dass man dieser Unterscheidung für die Konstruktion
einer eigenen sozialen Identität nicht entkommen kann. Statt als binäres Schema
empfiehlt es sich, diese Differenz eher als ein Kontinuum zu betrachten, mit Frau und Mann als idealtypische
Endpunkte auf jeweils einer der beiden Seiten. Dazwischen eröffnet sich dann
ein unerschöpflicher Spielraum für die Kombination von Attributen, die
gemeinhin mit weiblich oder männlich assoziiert werden. Angefangen bei Männern,
die sich wie Frauen kleiden, und Frauen, die sich wie Männer kleiden über
Frauen, die mal Männer waren, und Männer, die mal Frauen waren, bis zu
heterosexuellen Männern, die entweder weibliche Körperzüge oder weibliche Verhaltensweisen
aufweisen, und heterosexuellen Frauen, die männliche Körperzüge oder
Verhaltensweisen aufweisen. Die Aufzählung ließe sich beliebig weiter differenzieren und der binäre Gegensatz
hätte sich in ein fließendes Kontinuum verwandelt, mit allen möglichen
Mischformen. In diesem Kontext ist die eingangs gegebene Beschreibung von Lann
Hornscheidt als Frau, die aussieht wie ein Mann und glaubt geschlechtslos zu
sein, zu lesen.
Es ist wahrscheinlich einer der
verbreitetsten Irrtümer unter Gendertheoretikern, dass Hermaphroditen die
Unterscheidung von Frau und Mann negieren würden und dadurch auf ein drittes
Geschlecht hinweisen. Sie stellen aber allenfalls die Trennschäfte der
Kategorien in Frage. Trotzdem ermöglichen beide Kategorien die Beschreibung
einer Person als Hermaphrodit. Die mangelnde Trennschärfe rechtfertigt aber
noch nicht die Idee eines dritten Geschlechts neben Frau und Mann. Mag sein,
dass das Weibliche und das Männliche Idealtypen sind, die sich in der Realität
nicht finden lassen. Nichts desto trotz erlauben sie die Beobachtung und den
Vergleich von Personen und geben eine Tiefe und Vielfalt in der
interpersonellen Wahrnehmung, wie man sie den Gendertheoretikern nur wünschen
kann, um zu erkennen, dass es die Welt, die sie beobachten nicht gibt –
zumindest nicht außerhalb ihrer Vorstellung. Die Grenzen der genderneutralen
Sprache sind sehr eng gezogen und ebenso oberflächlich, kurzsichtig und eindimensional
ist die Welt, die sie mit ihrer verstümmelten Sprache beobachten können. Es liegt allerdings eine gewisse Tragik darin, dass, wenn der Glaube an diese Welt das Handeln bestimmt, diese Welt auch zur sozialen Wirklichkeit werden kann. Es ist
also völlig zwecklos die Unterscheidung von Frauen und Männern eliminieren zu
wollen. Man wird auf die eine oder andere Weise immer wieder von ihr eingeholt.
Egel ob Hermaphroditen, Transsexuelle, Transgender usw., alle diese
Zuschreibungen sind mit Hilfe der Unterscheidung von Frau und Mann entstanden
und nicht ohne sie. Positive Aufmerksamkeit und Anerkennung kann man also nicht
gegen diese Unterscheidung erlangen, sondern nur mit ihr. Darüber hinaus
dekonstruiert die Kombination von weiblichen und männlichen Attributen zur
Beobachtung von Personen die Vorstellung von der natürlichen Determination der sozialen
Geschlechter viel wirkungsvoller als die einfache Negation der Unterscheidung.
Geschlechtslosigkeit als Inszenierung
Wenn es unmöglich ist der
Unterscheidung von Frauen und Männern zu entkommen, stellt sich schließlich die
soziologische Frage, welche Funktion es eigentlich hat, sich für andere als
geschlechtslos zu inszenieren? Meine Vermutung ist, es handelt sich um einen modernen Versuch, sich zu einer Heiligen zu stilisieren. Durch die Selbstbeschreibung
als geschlechtslos wird nicht nur versucht sich gegen die Unterscheidung von
Frauen und Männern zu stemmen, sondern auch die eigene Körperlichkeit und
sexuellen Bedürfnisse zu leugnen. Auf diese Weise wird
versucht die eigene Menschlichkeit, die immer auch mit Körperlichkeit und
Sexualität verbunden ist, zu überwinden, um sich eine übermenschliche Aura zu
verleihen. Es ist der verzweifelte Versuch sich als Person mit einer Qualität auszustatten, die ein irgendwie Besser oder Überlegen im Vergleich zu anderen Personen suggerieren soll. Dabei handelt es sich jedoch um eine Art der Selbstverleugnung, in der sich die Entfremdung der angeblich Geschlechtslosen von ihrer
eigenen menschlichen Existenz ausdrückt. Diese Inszenierungsversuche wirken allerdings etwas lächerlich, weil die bemüht zur Schau gestellte liberale Anerkennungsbereitschaft von allem und jedem von einer Asexualtität und Prüderie kontrastiert wird, gegen die der Puritanismus wie ein Swinger Club ausgesehen hat. Es ist interessant, dass es nur Frauen sind,
die so etwas versuchen. Darauf soll wohl die Selbstbeschreibung als „feministisch“
hindeuten. Denn wie bereits bemerkt, ist Genderneutralität mit feministischen
Zielsetzungen unvereinbar. Auch wenn Gendertheoretiker vorgeben gegen
Diskriminierung zu kämpfen, negieren sie damit die Menschheit, also den potentiellen Anwendungsbereich der Unterscheidung von Frauen und Männern, insgesamt.
Eigentlich handelt es sich bei der Idee der genderneutralen Sprache um nichts anderes als ein anti-humanistisches Ressentiment in die Form einer pseudo-wissenschaftlichen Theorie
verpackt. Es ist schon bemerkenswert, wie mit der Beteuerung der guten
Absichten selbst solch menschenverachtende Inhalte verbreitet werden können. Der
postmoderne Hang nur noch auf die Form und nicht mehr auf den Inhalt einer
Mitteilung zu achten, hat einen nicht unbeträchtlichen Anteil daran, dass dies
möglich ist.
Inszenierte Geschlechtslosigkeit
ist darüber hinaus der personifizierte Schuldkomplex des weißen Mannes und
zugleich der Versuch diese Schuld wieder gut zu machen. Das Opfer, das Geschlechtslose dafür bringen, ist die Lossagung von der Menschheit insgesamt. Und obwohl Geschlechtslose eigentlich nichts mehr mit Menschen zu tun haben wollen, fühlen sie sich zugleich für die Grausamkeiten, die sich Menschen gegenseitig zufügen verantwortlich. Da sie aber unfähig sind sich in die diskriminierten Personen hineinzuversetzen, werden eigentlich nur
alle sexistischen und rassistischen Klischees reproduziert. Die öffentlichkeitswirksame
Negation dieser Klischees ändert daran noch nichts, denn das allein vermag noch
nicht die Aufmerksamkeit auf andere Handlungsmöglichkeiten zu lenken. Das beste Beispiel dafür lieferte dieses Jahr das, wenn auch feministisch inspirierte, Hollaback-Video, das sexistische Gesellschaftsstrukturen aufdecken sollte, aber am Ende unfreiwillig nur die schlimmsten rassistischen Vorurteile über männliche Schwarze und Latinos der US-amerikanischen Unterschicht bestätigte. In feministischen Worten, das Video war sexistisch, rassistisch und klassistisch. Und die
Alternativen, die aufgezeigt werden, können zumeist, wie am Beispiel der
genderneutralen Sprache deutlich geworden sein sollte, nicht als ernsthafte
Alternativen betrachtet werden, weil sie die kritisierten Missstände ebenso reproduzieren
wie deren Affirmation. Auf soziale Missstände aufmerksam zu machen, bedeutet noch nicht automatisch, dass sie dann verschwinden. Die Missstände sind nur benannt, nicht mehr und nicht weniger. Mit dieser Form von Kritik wird nur die
bestehende soziale Ordnung bestätigt. Insofern handelt es sich eigentlich nicht um Kritik. Das Geschlechtslose im Kampf für eine gerechtere Welt selbst wiederum ausgiebig diskriminieren müssen, macht sie dann wiederum umso menschlicher, aber mit Sicherheit nicht besser.
Im Übrigen sei darauf aufmerksam gemacht, dass Andersartigkeit an sich noch kein Grund ist, etwas zu akzeptieren und anzuerkennen. Anscheinend ist es den Befürwortern der genderneutralen Sprache noch nicht aufgefallen, dass mit der Begründung, andere Perspektiven aufzuzeigen zu wollen, Rassisten, Päderasten oder Frauenhasser mit demselben Recht auf ihrem Standpunkt beharren können und es tun. So verachtend diese Sichtweisen auch sind, auch sie können Andersartigkeit für sich in Anspruch nehmen. Nach der Beachtungslogik von Gendertheoretikern hätten solche Ansichten ein ebenso legitimes Recht auf Beachtung. Etwas zur Sprache bringen, heißt aber nicht zwangsläufig, dass es von den Adressaten auch angenommen wird. Wie bereits aufgezeigt, wird allenfalls das Bestehende bestätigt. Implizit wird seitens der Gendertheoretiker immer von einem Determinimus zwischen dem Akt des Mitteilens und der Annahme der Mitteilung durch den Adressaten ausgegangen, der faktisch nicht existiert. Mit anderen Worten, nur weil man etwas mitteilt, heißt das noch lange nicht, dass andere Personen es genauso sehen müssen. Die Möglichkeit der Ablehnung einer Mitteilung ist gleich wahrscheinlich. »Anders« heißt auch nicht zwingend immer neu. Im Vergleich zu modernen Lebensstilen war und ist das Leben in der Steinzeit oder im nationalsozialistischen Deutschland ebenso anders, aber heute bestimmt nicht mehr neu. Und ebenso wenig ist die soziale Funktion der genderneutralen Sprache neu, sondern erinnert sehr stark an die Standardmethoden totalitärer Propaganda. Auch wenn es darum gehen soll, andere Möglichkeiten aufzuzeigen, werden dafür wiederum andere Möglichkeiten unterdrückt.
Für die Legitimation der genderneutralen Sprache wird das Etikett »Andersartigkeit« nur dazu benutzt, um andere Möglichkeiten, in diesem Fall die Möglichkeit sich als Frau oder Mann zu sehen und zu fühlen, auszuschalten. Der Anspruch anders zu sein, wird also nur instrumentalisiert. Dabei bedeutet »anders« weder moralisch besser, neu oder progressiv. Dass Vielfalt in dieser Form selbst wiederum zu einer Monokultur erstarrt, sei nur nebenbei bemerkt. Die Andersartigkeit muss für die Alternativen, die miteinander in Beziehung gesetzt werden, inhaltlich bestimmt werden. Es muss also ein Unterschied erkennbar sein, der einen Unterschied macht. »Anders« ist dabei nicht nur eine der Alternativen. Im Vergleich zueinander sind es immer beide. Diesen Sachverhalt kann man nur übersehen, wenn man bereits von vornherein eine Präferenz für eine der Alternativen hat, die man dann selbst repräsentiert. »Andersartigkeit« ist also immer eine Frage des Beobachtungsstandpunkts. Dies ist ein Hinweis, dass diejenigen, die sich für anders oder alternativ halten, nicht unvoreingenommen argumentieren. Ansonsten müssten sie erkennen, dass die Andersartigkeit nicht nur einfach behauptet werden kann, sondern inhaltlich bestimmt werden muss. Formal unterscheidet man sich durch Andersartigkeit daher überhaupt nicht von den Gegnern, die man bekämpft. Die Legitimationsstrategie für eine genderneutrale Sprache weist aufgrund dieses naiven Verständnisses von »Andersartigkeit« eine seltsame Ambivalenz auf. Zum einen soll dem Anderen seine Bedrohlichkeit genommen werden, um die Gesellschaft für das vermeintlich Andere zu desensibilisieren. Zugleich setzt man aber genau auf diesen bedrohlichen Eindruck, um die Gegner der genderneutralen Sprache zu provozieren und man ist noch stolz darauf. Dies wird deutlich, wenn die Kritik an genderneutraler Sprache nur als simpler Abwehrreflex abgewertet wird. Von Fall zu Fall mag das sogar stimmen, trotzdem ist eine Pauschalisierung nicht gerechtfertigt und fatal.
Im Übrigen sei darauf aufmerksam gemacht, dass Andersartigkeit an sich noch kein Grund ist, etwas zu akzeptieren und anzuerkennen. Anscheinend ist es den Befürwortern der genderneutralen Sprache noch nicht aufgefallen, dass mit der Begründung, andere Perspektiven aufzuzeigen zu wollen, Rassisten, Päderasten oder Frauenhasser mit demselben Recht auf ihrem Standpunkt beharren können und es tun. So verachtend diese Sichtweisen auch sind, auch sie können Andersartigkeit für sich in Anspruch nehmen. Nach der Beachtungslogik von Gendertheoretikern hätten solche Ansichten ein ebenso legitimes Recht auf Beachtung. Etwas zur Sprache bringen, heißt aber nicht zwangsläufig, dass es von den Adressaten auch angenommen wird. Wie bereits aufgezeigt, wird allenfalls das Bestehende bestätigt. Implizit wird seitens der Gendertheoretiker immer von einem Determinimus zwischen dem Akt des Mitteilens und der Annahme der Mitteilung durch den Adressaten ausgegangen, der faktisch nicht existiert. Mit anderen Worten, nur weil man etwas mitteilt, heißt das noch lange nicht, dass andere Personen es genauso sehen müssen. Die Möglichkeit der Ablehnung einer Mitteilung ist gleich wahrscheinlich. »Anders« heißt auch nicht zwingend immer neu. Im Vergleich zu modernen Lebensstilen war und ist das Leben in der Steinzeit oder im nationalsozialistischen Deutschland ebenso anders, aber heute bestimmt nicht mehr neu. Und ebenso wenig ist die soziale Funktion der genderneutralen Sprache neu, sondern erinnert sehr stark an die Standardmethoden totalitärer Propaganda. Auch wenn es darum gehen soll, andere Möglichkeiten aufzuzeigen, werden dafür wiederum andere Möglichkeiten unterdrückt.
Für die Legitimation der genderneutralen Sprache wird das Etikett »Andersartigkeit« nur dazu benutzt, um andere Möglichkeiten, in diesem Fall die Möglichkeit sich als Frau oder Mann zu sehen und zu fühlen, auszuschalten. Der Anspruch anders zu sein, wird also nur instrumentalisiert. Dabei bedeutet »anders« weder moralisch besser, neu oder progressiv. Dass Vielfalt in dieser Form selbst wiederum zu einer Monokultur erstarrt, sei nur nebenbei bemerkt. Die Andersartigkeit muss für die Alternativen, die miteinander in Beziehung gesetzt werden, inhaltlich bestimmt werden. Es muss also ein Unterschied erkennbar sein, der einen Unterschied macht. »Anders« ist dabei nicht nur eine der Alternativen. Im Vergleich zueinander sind es immer beide. Diesen Sachverhalt kann man nur übersehen, wenn man bereits von vornherein eine Präferenz für eine der Alternativen hat, die man dann selbst repräsentiert. »Andersartigkeit« ist also immer eine Frage des Beobachtungsstandpunkts. Dies ist ein Hinweis, dass diejenigen, die sich für anders oder alternativ halten, nicht unvoreingenommen argumentieren. Ansonsten müssten sie erkennen, dass die Andersartigkeit nicht nur einfach behauptet werden kann, sondern inhaltlich bestimmt werden muss. Formal unterscheidet man sich durch Andersartigkeit daher überhaupt nicht von den Gegnern, die man bekämpft. Die Legitimationsstrategie für eine genderneutrale Sprache weist aufgrund dieses naiven Verständnisses von »Andersartigkeit« eine seltsame Ambivalenz auf. Zum einen soll dem Anderen seine Bedrohlichkeit genommen werden, um die Gesellschaft für das vermeintlich Andere zu desensibilisieren. Zugleich setzt man aber genau auf diesen bedrohlichen Eindruck, um die Gegner der genderneutralen Sprache zu provozieren und man ist noch stolz darauf. Dies wird deutlich, wenn die Kritik an genderneutraler Sprache nur als simpler Abwehrreflex abgewertet wird. Von Fall zu Fall mag das sogar stimmen, trotzdem ist eine Pauschalisierung nicht gerechtfertigt und fatal.
Die verstümmelte Sprache trägt dann
ihr Übriges dazu bei die Groteske auf die Spitze zu treiben. So macht man
sich bestimmt nicht zu einer Heiligen, aber in einer gewissen Art und Weise zu einer Unberührbaren. Darin liegt wahrscheinlich
der Grund, warum Lann Hornscheidt und ihr Vorschlag aktuell noch einmal so viel
massenmediale Aufmerksamkeit erhält – ein Schelm, wer dabei an eine Freakshow
denkt. Auch wenn einige Medienleute wirklich daran glauben, der aufklärerische
Zweck erscheint nur vorgeschoben, wenn man weiß nach
welchen Kriterien die Massenmedien ihre Themenwahl treffen. Eine geschlechtslose Erscheinung hat nichts Heiliges an sich, sondern höchstens etwas
Diabolisches. Über die heftigen und zum Teil überzogenen Reaktionen der Gegner
braucht man sich angesichts dieser anti-sozialen Expressivität nicht zu wundern. Auch wenn es netter formuliert ist, bleibt die Botschaft genauso menschenverachtend, wie die der Gegner. Denn neben den Umprogrammierungsversuchen drückt sich in dem Versuch die
Unterscheidung von Frau und Mann zu eliminieren nur der Neid und die Missgunst
auf die Intimbeziehungen zwischen Frauen und Männern, zwischen Frauen und
Frauen und zwischen Männern und Männer aus. Es ist also ein ziemlich hilfloser
und verzweifelter Versuch durch die Negation der Unterscheidung von Frau und
Mann und deren moralischer Verbrämung Aufmerksamkeit zu erregen. Eigentlich ist nichts unattraktiver als die Kommunikation von Ablehnung und Verachtung. Deswegen müssen die Befürworter der genderneutralen Sprache sich so nett geben. In den Massenmedien finden solche provokanten Versuche, Aufmerksamkeit zu erregen, trotzdem erwartungsgemäß dankbare Abnehmer - allerdings nicht mehr unbedingt beim Publikum, wie der aktuelle Vertrauensverlust in die etablierten Medien zeigt. Genderneutrale Sprache ist eigentlich nur eine entwertende
Metakommunikation über Intimbeziehungen, die den Personen, die sich
einbilden geschlechtslos zu sein, vermutlich verwehrt bleibt. Mit anderen
Worten, genderneutrale Sprache ist ein Ausdruck
von grenzenloser Egozentrik und Selbstbezogenheit. Mal ehrlich, wer würde sich solche unqualifizierten Kommentare schon längere Zeit gefallen lassen? Und eine Frage muss an
dieser Stelle unbeantwortet bleiben: Welche intime Beziehung – und Sexualität
gehört nun mal dazu – ist eigentlich zu Geschlechtslosen möglich? So bleibt möglicherweise die Präferenz der Massenmedien für alles Neue, Ungewöhnliche, Spektakuläre, Beängstigende, Empörende oder sonst irgendwie von der Normalität abweichende die einzige Hoffnung für inszenierte Geschlechtslosigkeit, um Aufmerksamkeit zu bekommen.
Jetzt ist auch mal wieder gut
Also Kinders, es bringt nichts
sich darüber zu streiten, ob das Geschlecht natürlich oder sozial ist. Wie
immer liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Mit radikalen Positionen steht man ansonsten immer irgendwann alleine da. Genderneutrale Sprache ist damit
eine Alternative, die keine Alternative ist. Mit ihr wird Andersartigkeit nur
vorgegaukelt. Der wechselseitigen Aufmerksamkeit können sich die Befürworter
und Gegner der genderneutralen Sprache aber gewiss sein – allerdings nicht die
Art von Aufmerksamkeit, die man sich vielleicht gewünscht hätte, und nicht von
denjenigen, die sie einem nun schenken. Aber immerhin haben zwei Gruppen
unverbesserlicher Streithanseln zueinander gefunden. In einer Mischung aus
Ahnungslosigkeit und Dogmatik können beide Seiten vortrefflich aneinander
vorbei diskutieren und sich gegenseitig ihrer Missachtung versichern, was ja
auch eine Form von Aufmerksamkeit ist. Es ist ein Spiel, bei dem keine der
beiden Seiten gewinnen kann. Der Konflikt strukturiert ihre ganze Welt – in
Freund und Feind. Gleichwohl treibt beide die Illusion an, dass es möglich wäre
zu gewinnen. Es sei der Hinweis erlaubt, dass es reine Zeitverschwendung ist
durch die öffentliche Diffamierung um die Anerkennung des Feindes zu ringen. Die
Hoffnung ihn überzeugen zu können, ist nichts anderes als die Hoffnung auf
seine Anerkennung. Und wenn nicht Überzeugen das Ziel sein sollte, was ist es
dann?
Wenn man den eigenen Glauben über
jede empirische Evidenz stellt und Personen nur danach beurteilt, was sie sagen
und nicht auch nach dem was sie tun, werden sich die Grenzen der eigenen Sprache
und damit die Grenzen der eigenen Welt niemals verschieben lassen. Von mir aus
könnt Ihr euch bis in alle Ewigkeit miteinander streiten. Aber zieht bitte
keine Unbeteiligten in Eure verrückten Spiele mit rein. Es würde sicherlich auch nicht
schaden ab und zu mal Kontakt zu Personen zu suchen, die einen nicht gleich
aufgrund ihres Glaubens akzeptieren oder ablehnen. Nichts verzerrt die eigene
Wahrnehmung verlässlicher als die Fixierung auf Personen, die einen entweder
bedingungslos akzeptieren oder ablehnen. Es wäre also dringend an der Zeit
nicht nur die eigene Sprache, sondern auch das eigene Handeln zu reflektieren.
Reflexion kann erst beginnen, wenn man den Unterschied zwischen Reden und
Handeln akzeptiert, denn Reflektieren im strengen Sinne bedeutet zu prüfen, ob
die im Reden beanspruchten Werte sich auch im Handeln einer Person
widerspiegeln. Genderneutrale Sprache ist einer, aber bei weitem nicht der einzige Versuch, die Sprache, die den Vergleich zwischen Reden und Handeln ermöglicht, für politische Zwecke weg zu theoretisieren. Dass solche anti-aufklärerischen Unternehmungen auch mit Steuergeldern finanziert werden, das ist der Skandal. Und den Diskriminierten ist durch Sprachzerstörung nicht mal ansatzweise geholfen.
Twittern
Literatur
Lorenzer, Alfred (2000 [1970]): Sprachzerstörung und
Rekonstruktion. Vorarbeiten zu einer Metatheorie der Psychoanalyse. 5. Auflage
Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main
Mead, George Herbert (1973 [1934]): Geist, Identität und Gesellschaft. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main
Mead, George Herbert (1973 [1934]): Geist, Identität und Gesellschaft. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main
Orwell, George (2006 [1949]): 1984. 28. Auflage Ullstein Verlag
Berlin
Wittgenstein, Ludwig (2003 [1922]): Logisch-philosophische
Abhandlung. Tractatus logico-philosophicus. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main
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