Zum Abschluss des Jahres gibt es
noch ein kurzes Fragment, zu dem ich am 24.12.2014 durch die Lektüre eines
Artikels zum Thema Beschleunigung inspiriert wurde. Thematisch passt es
allerdings besser zum Jahreswechsel, denn dann tritt verstärkt der Fortgang der
Zeit ins Bewusstsein und man wird zugleich – Stichwort »gute Vorsätze« – mit
seinen eigenen erfüllten und/oder unerfüllten Ambitionen konfrontiert.
Das Fragment darf gerne als kleine Gegenrede auf die Thesen des Entschleunigungsgurus Hartmut Rosa gelesen werden.
Das Problem seiner Kritik der modernen Zeitverhältnisse besteht darin, dass er
ein Problem der individuellen Lebensführung, nämlich wie kriegt man alle sich bietenden
Möglichkeiten unter einen Hut – also ein Organisationsproblem –, als gesamtgesellschaftliches
Problem formuliert. Rosa sitzt also mit seiner Beschleunigungskritik einem
klassischen Kategorienfehler auf, denn er verwechselt persönliche Probleme mit
gesamtgesellschaftlichen Problemen.
Je mehr Möglichkeiten sich einem bieten,
desto strenger muss die Organisation der Lebensführung sein, wenn man viele
davon wahrnehmen will. Versucht man das, wird der Terminplan immer voller und
voller, ein Termin reiht sich an den nächsten und die Zeit vergeht wie im Fluge.
Damit möchte ich aber nicht für mehr Beschleunigung argumentieren. Das ist einfach das, was passiert, wenn man viel zu tun hat. Versteht man
das Beschleunigungsproblem als Organisationsproblem der individuellen
Lebensführung geht es nicht um die Entscheidung entweder Beschleunigung oder
Entschleunigung, sondern man hat es selbst in der Hand, wie man sein eigenes
Leben mit Möglichkeiten für Aktivität und Erholung ausgestaltet. Ob man das
Ergebnis als gutes Leben bezeichnen kann, muss jeder für sich selbst
beantworten, denn heute versteht unter gutem Leben jeder etwas anderes. Wenn
die Antwort »nein« sein sollte, dann wäre es an der Zeit seine Lebensführung zu ändern und nicht die
Gesellschaft für die eigene Unfähigkeit, seine Lebensführung zu ändern, verantwortlich zu machen.
Jetzt ist die Einleitung schon
länger geworden als das Fragment. Deswegen höre ich an dieser Stelle auf. Vielleicht
in der Zukunft mehr zum Thema. Hier nun das Fragment:
Die Zeit, die man glaubt zu haben, schrumpft mit der Anzahl der Möglichkeiten, von denen man glaubt, dass sie einem offen stehen. Solange man das Gefühl hat, dass die Zeit knapp ist, weiß man, dass man noch nicht alle Möglichkeiten, die sich einem bieten, genutzt hat. Dieses Gefühl gibt zugleich die Sicherheit, dass es sich lohnt zu leben. Nutze die Zeit weise, damit Du am Ende das Gefühl haben kannst, dass es sich gelohnt hat zu leben. Denn am Ende gibt es nur noch eine Möglichkeit. Auf diese Möglichkeit sollte man nicht warten müssen, denn für sie lohnt es sich nicht zu leben.
Ich wünsche allen meinen Leserinnen und Lesern einen guten Rutsch ins Jahr 2015 oder wahlweise ein gesundes neues Jahr 2015. Und nicht vergessen, Leben ist das, was Ihr daraus macht, und nicht das, was andere Euch erzählen, wie es sein sollte.
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