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Sonntag, 31. Mai 2015

Über Sthenographie. Zum Problem von Problembegriffen


Über Sthenographie habe ich, verteilt über meine bisherigen Texte, schon einige Bemerkungen gemacht [1]. Mit »Sthenographie« ist eine problemfokussierte Betrachtungsweise gemeint. Probleme werden heute sprachlich zumeist in die Form einer Paradoxie gebracht. Sthenographie zeichnet sich dadurch aus, dass die konstruierte Paradoxie nicht entfaltet wird, sondern nur offen zur Betrachtung dargeboten wird. Paradoxien sind jedoch logische Anomalien. Sie verwirren den Geist, weil sie Widersprüchliches behaupten. Es kann ja nicht sein, dass Gegenteiliges zugleich gilt. Dies macht die Präsentation einer Paradoxien zu einer Darstellungsmethoden, die beim geneigten Publikum eine Menge Schaden anrichten kann. 

Bisher habe ich mich bei der Rede von Sthenographie in meinen Texten vorwiegend auf sozialwissenschaftliche Problembeschreibungen konzentriert, deren Zweck es ist bei den Adressaten einen politischen Handlungsdruck zu erzeugen. Häufig werden die Probleme dann in einer Art säkularisierten Theodizee-Frage formuliert. Statt »Wie kann Gott dieses ganze Leid auf der Welt zulassen?« heißt es nun »Wie kann die Gesellschaft dieses ganze Leid auf der Welt zulassen?«. Doch anstatt dann Lösungen für die kritisierten Probleme vorzustellen, belässt man es beim Offenlegen der Paradoxie. Die Gesellschaft ist schuld. So einfach ist das. Einige werden sich von solchen Argumentationsfiguren sicherlich angesprochen fühlen und denken, wenn so viele Menschen auf der Welt leiden, wie kann es mir selbst dann gut gehen? Da man im Alltagsverständnis ja selbst irgendwie Teil der Gesellschaft ist, wird man ratlos und mit einer Menge Schuldgefühlen allein gelassen. Und bevor es den anderen Menschen nicht gut geht, kann bzw. darf es einem selbst auch nicht gut gehen. 

Für die seelische Gesundheit sind solche Denkfiguren sicherlich nicht förderlich. Aber was kann man in solch einer Situation tun? Da man selbst nichts tun kann, muss die Politik ran. In ihrer Macht liegt es die Gesellschaft zu kontrollieren - so glaubt man zumindest. Und Politiker haben ja heute immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte ihrer Bürger. Man kann sogar unerfüllbare Forderungen an sie herantragen. Da die Politiker um jede Stimme kämpfen müssen, sind die meisten heute zu schwach auch mal klar zu sagen, was nicht in ihrer Macht liegt. Dann lässt es sich umso besser unerfüllbare Forderungen stellen. Das entlastet zum einen. Zum anderen können sich die besorgten Bürger dann wieder an dem süßlichen Gift der Paradoxie berauschen und ihren Sorgen neue Nahrung geben. Im schaurig-schönen Hochgefühl der Angstgemeinschaftlichkeit lässt es sich dann wieder umso besser neue unerfüllbare Forderungen aufstellen. 

Der Teufelskreis ist geschlossen. Mit der Lösung der unlösbaren Probleme dürfen sich dann die Politiker rumschlagen. Und wenn sie es nicht schaffen, kann man sie wunderbar der Lüge bezichtigen. Der postmoderne Erstarrungstanz um das goldene Kalb der Paradoxie hat begonnen. Bei diesem Spiel ohne Gewinner handelt es sich nur um die populärste Form der Sthenographie. In diesem Beitrag soll es um Sthenographie in wissenschaftlichen Auseinandersetzungen gehen.

Dienstag, 16. Dezember 2014

Genderneutralität und Sprachzerstörung


Aktuell ist das Thema genderneutrale Sprache mal wieder auf allen Onlinemedien präsent. Fast täglich erscheint ein neues Plädoyer für oder gegen genderneutrale Sprache. Das Thema gärt ja schon etwas länger im Untergrund. Im Frühjahr gab es bereits eine kleine Empörungswelle über das Ansinnen nach einer Sprache, die weniger bis gar nicht diskriminierend sei. Ich persönlich hatte ja gehofft, dass danach Ruhe ist und über die kindischen Mätzchen der Befürworter und Gegner sich der Mantel des Schweigens legt. Aus für mich nicht ganz nachvollziehbaren Gründen wird nun dieses typische Sommerloch-Thema wieder hervorgekramt und nochmal richtig breitgetreten und ausgewalzt bis auch die oder der Letzte seinen Senf dazu abgegeben hat. Ich bin mir natürlich darüber bewusst, dass ich mich mit diesem Beitrag nun selbst in die Reihe derer einreihe, die ihren Senf dazu abgeben müssen. Aber es wird Zeit festzustellen: Kinders, langsam nervt es! Auch wenn der folgende Text überwiegend gute Gründe anführt gegen genderneutrale Sprache zu sein, geht es mir nicht darum für oder gegen genderneutrale Sprache Position zu beziehen, sondern warum man die Entscheidung für oder gegen genderneutrale Sprache als solche ablehnen sollte. Als Vorschlag steht sie nun im Raum und fordert Zustimmung oder Ablehnung. Da sich beides auf genderneutrale Sprache bezieht, kommt man wohl oder übel um eine Auseinandersetzung mit ihr nicht herum. 

Samstag, 25. Januar 2014

Über Liebe, unfähige Männer und Feminismus*



Vor einiger Zeit hatte ich an anderer Stelle einige Gedanken zum Thema Liebe als sozialem Phänomen veröffentlicht. Ich spitzte sie damals auf folgende These zu: "Die Kunst des Liebens besteht also darin, miteinander zu reden obwohl man schweigen könnte." Das Reden würde in einer Beziehung dazu dienen, sich darüber zu vergewissern, ob das Schweigen weiterhin berechtigt wäre. Mit anderen Worten, Liebe lebt von der Abweichung vom Erwartbaren und wird gerade dadurch am Leben erhalten. In einer Ergänzung wies ich dann darauf hin, dass man wahrscheinlich auch die Romantriologie "Shades Of Grey" und Eva Illouz' Essay "Die neue Liebesordnung. Frauen, Männer und Shades Of Grey" in diesem Kontext lesen könnte, denn die im Roman beschriebenen SM-Praktiken können als solch eine Abweichung vom Erwartbaren betrachtet werden. SM-Praktiken erscheinen bei einer oberflächlichen Betrachtung ja nicht gerade als ein Ausdruck von Liebe.