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Samstag, 24. Oktober 2015

Die Flüchtlingskrise: Der Anfang vom Ende des deutschen Wohlfahrtsstaates?


Die Flüchtlingskrise erregt nach wie vor die Gemüter in Deutschland. Doch während man in den Massenmedien und in der Politik auf Bundesebene mehrheitlich noch glaubt »wir schaffen das«, macht sich auf der Ebene der Lokalpolitik bereits Ernüchterung breit. Denn so einfach, wie gedacht, ist die Unterbringung und Verpflegung der ankommenden Flüchtlinge doch nicht. Zu Beginn der Flüchtlingskrise glaubte man noch, man könne die Integration von hunderttausenden, vielleicht sogar Millionen Menschen mal eben aus der Portokasse bezahlen. Jetzt stellt sich heraus, dass die Kapazitäten bereits bei der Unterbringung erschöpft sind.

Es lässt sich kaum mehr verbergen. Die Situation wurde im Sommer von Frau Merkel falsch eingeschätzt als sie am 4. September 2015 die Entscheidung traf, die Flüchtlinge aus Ungarn via Österreich nach Deutschland zu holen – eine Entscheidung, der bis heute eine demokratische Legitimation fehlt und weder durch deutsches Recht noch europäische Verträge gedeckt ist. Wie Frau Merkel auf die Idee gekommen ist, dass es keine Grenzen mehr gebe, bleibt bis heute schleierhaft. Damit geriet die Situation außer Kontrolle. Soweit es Deutschland betrifft, reagierte Frau Merkel jedoch nicht auf einen Notstand, sondern hat mit ihrer Entscheidung erst einen Notstand herbeigeführt, der nun auch noch als Begründung dient sich über weitere Gesetze hinweg zu setzen. Für den Rechtsstaat könnte der Schaden, den Frau Merkel angerichtet hat, kaum größer sein. 

Nun würden viele gerne die Notbremse ziehen. Aber noch ist die Politik nicht bereit einen Aufnahmestopp zu verhängen. Besonders die Kanzlerin tut so, als hätte man es bei den Flüchtlingsströmen mit einer Art Naturgewalt zu tun, gegen die die Politik machtlos sei. Ehemals glaubte man an die sozialtechnologische Gestaltungsmacht der Politik. Von diesem Glauben ist nicht mehr viel übrig geblieben. Machtlosigkeit wird in Form der Unterlassung zum neuen Leitprinzip der deutschen Politik. Es gibt keine Alternative mehr als sich den Umständen zu fügen. Widerstand ist zwecklos. Das Problem daran ist, dass es Frau Merkel nicht einmal versucht. Sie kapituliert von vornherein vor den Umständen. Gerade das unterstreicht ihre Machtlosigkeit und ist zugleich der politische Offenbarungseid. Deutschland ist in den Augen von Frau Merkel offenbar nur noch ein Korken auf dem Ozean der Weltgesellschaft, der sich treiben lässt. Damit hätte Deutschland seine Souveränität praktisch aufgegeben – und es gibt nicht wenige Anzeichen, die dafür sprechen. 

Sonntag, 1. Februar 2015

Wissen, Massenmedien und partizipierendes Bewusstsein


„Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir  durch die Massenmedien.“ 


Dieser berühmte Satz von Niklas Luhmann stammt aus seinem Buch "Die Realität der Massenmedien" (2004 [1995], S. 9) und sollte vermutlich die zentrale Rolle der Massenmedien in der modernen Gesellschaft betonen. Er suggeriert, dass die Massenmedien heute die einzige Informationsquelle sind, mit deren Hilfe man sich über die Welt informieren kann. Dieses Zitat vermittelt allerdings in zweierlei Hinsicht ein verzerrtes Bild über die Funktion der Massenmedien in der modernen Gesellschaft. Zum einen wird die Funktion der Massenmedien maßlos übertrieben. Denn man erlangt nicht sein vollständiges Wissen über die Welt aus den Massenmedien. Sicherlich werden einem über die Massenmedien Informationen aus Bereichen zugänglich gemacht, die einen über persönliche Kontakte kaum erreichen würden. Anderseits liefern die Massenmedien keine Informationen über den persönlichen Nahbereich, in dem man Beteiligungs- und Gestaltungsmöglichkeiten hat. Das gilt für das Privatleben ebenso wie für das Berufsleben. Über die Personen mit denen man täglichen Umgang hat, erfährt man – außer man hat selbst einen Beruf im Showbusiness – nichts aus den Massenmedien. Informationen über sie erhält man vorwiegend durch die Interaktion mit ihnen. Diese Überlegung führt zum zweiten Aspekt des verzerrten Bildes, das dieses Zitat suggeriert. Das Zitat ist nicht nur eine Aussage über die Funktion der Massenmedien in der modernen Gesellschaft, sondern zugleich auch eine Aussage darüber, wie Wissen heute produziert und verteilt wird. Ich möchte im Folgenden zunächst auf die wissenssoziologische Hintergrundannahme dieses Zitats eingehen. Diese Annahme korrespondiert mit einer von zwei existentiellen Grundhaltungen, mit denen Menschen ihrer Umwelt entgegentreten können. Im zweiten Schritt werden diese beiden Grundhaltungen, die als partizipierendes und nicht-partizipierendes Bewusstsein bezeichnet werden, skizziert. Bestimmte Erfahrungen zusammen mit dem Fehlen anderer Erfahrungen können die Bildung einer der beiden Grundhaltungen begünstigen. Auf der Grundlage dieser Überlegungen wird in einem dritten Schritt ein erneuter Blick auf die gesellschaftliche Funktion der Massenmedien geworfen.